EDITORIAL: Zeit für Geschichten


Editorial

Aus dem Newsletter DEZ 2020, Nr. 243. © JOLANDOS e.K. 2020

Zeit für Geschichten!


Liebe Freundinnen und Freunde der Osteopathie,

Weihnachtszeit ist die Zeit wundersamer Geschichten. Und so möchte ich den Dezember-Newsletter dazu nutzen, Ihnen die wohl beliebteste Geschichte der Schulmedizin zu erzählen. Sie geht folgendermaßen:

Vor etwa 500 Jahren brach in Europa das goldene Zeitalter der Wissenschaft an. Die Natur wurde erforscht, der menschliche Körper umfassend seziert und man stieß auf immer neue anatomisch-physiologische Erkenntnisse. Dennoch wüteten die Infektionserkrankungen insbesondere in den rasant wachsenden Städten. Dann lieferte Rudolf Virchow Mitte des 19. Jahrhunderts mit seiner Zellularpathologie jene neue Bühne, auf der das äußerst beliebte Theaterstück Der heroische Mediziner, nun zeitgemäßer ausgestattet, aufgeführt werden konnte. Ein neuer Held erschien: Der Zauberer Louis Pasteur. Sein Zauberschloss: Das Labor. Sein magischer Trick: Die Sichtbarmachung der Keime in der Petrischale. Endlich war der Feind entdeckt und der heroische Krieg gegen die böse Natur nahm eine dramatische Wende zugunsten der Menschen. Im Lauf des 20. Jahrhunderts gelang es dem Heer der Pasteur-Jünger die Infektionserkrankungen in zahlreichen Schlachten zu bezwingen. Strahlend ging man als Sieger hervor, weshalb Infektionskrankheiten in der modernen Welt kaum noch eine Rolle spielen ...

Schade nur, dass diese tolle Geschichte, wie fast alle Heldengeschichten, nur ein Geschichte ist und die Wahrheit ganz anders aussieht:

  1. Infektionserkrankungen sind hochkomplexe Geschehen, in denen fast immer das vielschichtige Zellmilieu wichtiger als der Erreger ist. (Mehr Infos) “Der Keim ist nichts, das Milieu ist alles” heißt das Motto. Und es ist nicht von Louis Pasteur, der ein entschiedener Gegener dieser biologischen Milieutheorie war.

  2. Jeder medizinhistorisch und epidemiologisch interessierte Mensch weiß, dass der Rückgang der Infektionserkrankungen fast ausschließlich auf soziologische Faktoren (bessere Hygiene, Konservierungvon Nahrung, bessere Bildung) zurückzuführen ist. (1) (2)

  3. Eben weil die Impf-Geschichte so genial zum Rollenbild des heroischen Mediziners passt (Der Ritter mit dem Schwert – der Arzt mit der Nadel) und weil sie zudem in sich logisch geschlossen erscheint, hielt man engmaschige und umfassende Untersuchungen der Impfeffektivität für überflüssig. Selbst Impf-Befürworter schreiben daher heute noch:

    Auch wenn die Wirksamkeit der Masern- und Rötelnimpfung nicht bzw. nur eingeschränkt durch RCTs (Anm.: Zufallsbedingte kontrollierte Studien) nachgewiesen wurde, so belegen dennoch zahlreiche epidemiologische Beobachtungsstudien die gute Effektivität der Impfung.” (3)

    Das heißt im Klartext: (a) Die eigentlich entscheidenden soziologischen Einflussfaktoren werden völlig ausgeblendet. (b) Man stellt zwei gleichzeitig auftretende (= korrelierenden) Phänomene – Rückgang der Infektionserkrankungen und Impfungen – ungeprüft in einen Kausalzusammenhang. Einen gröberen Fehler kann man in der Wissenschaft kaum begehen. (Man könnte genausogut behaupten, die Zunahme der Temperaturanomalien der Erde in den letzten 100 Jahren ist verantwortlich für den Rückgang der Infektionserkrankungen.)

  4. Lediglich in England und nur in Bezug auf Influenza A & B, gibt es wirklich gute Effektivitätsstudien, die jedes Jahr vom Public Health Service veröffentlicht werden. Hier finden Sie das zusammengefasste Ergebnis für 2017/18. Man beachte die extrem schlechten Werte bei der schwerwiegenderen Influenza-B-Infektion, sowie die extrem schlechte Wirksamkeit in der Hochrisikogruppe der letzten Altersgruppe (10,1 – 16,8%) – genau dort, wo man die höchste Effektivität bräuchte.

Die Erfolgsgeschichte wackelt angesichts solcher klaren Indizen? Kein Problem: Ein neues Schwert mit fantastischen Versprechungen wird pompös auf die Bühne gebracht: Die mRNA-Impfung. Bei der hochkomplexen wissenschaftlichen Erläuterung der neuen Wunderwaffe in der verlinkten Beschreibung, rutscht allerdings schnell folgende enorm wichtigen Randbemerkungen durch das Aufmerksamkeitsraster:

'Außerdem besteht die Möglichkeit, dass eine Immunantwort gegenüber den Nichtstrukturproteinen induziert wird oder eine potentielle Interaktion mit Wirtsfaktoren stattfindet.' (4)

oder

'Für viele dieser Formulierungskomponenten wurden bislang keine klinischen Toxizitätsprofile publiziert. Zudem ist die Rolle der angeborenen Immunantwort bei mRNA-basierten Impfstoffen sehr komplex.'(4)

Einfach ausgedrückt: Auch mRNA-Impfungen können Allergien oder Autoimmunerkrankungen auslösen, bzw. Körpergewebe in bisher unbekannter Weise langfristig schädigen. Unter Laborwissenschaftlern, die Impfstoffe entwickeln, ist diese Reaktion bei vielen Impfungen bekannt und gefürchtet. Da aber auch hier ein Kausalzusammenhang nur sehr schwer zu erbringen ist, lässt sich das wieder mit der wissenschaftlich nicht belegbaren Aussage 'ja, ist theoretisch möglich, kommt aber praktisch so gut wie nie vor' abbügeln. Interessant. während man bei Impfschäden auf den Nachweis von kausalen Zusammenhängen besteht, basiert diese Aussage keienswegs auf Studien, die eine Kausalität belegen, sondern lediglich Korrelationen – und dies im bereich hochkomplexer Zusammenhänge bei denen einfache Korrelationen nicht bestimmbar sind.




All das wären gute Argumente für die Osteopathie, sich gerade jetzt selbstbewusst und markant in der Öffentlichkeit als milieuorientierte Medizin der Zukunft zu präsentieren. Wären ..., denn offensichtlich scheint pragmatischer Kuschelkurs mit dem krankheitsorientierten Gesundheitssystem Vorrang vor Entwicklung und Wahrung der eigenen Authentizität zu haben. Und so wird die Worthülse 'Osteopathie' jeden Tag ein bisschen mehr ausgehöhlt ... Schade eigentlich ... Macht aber nichts, denn der ursprüngliche Inhalt geht ja nicht wirklich verloren, solange es hierzu Quellen gibt.


Ihr

Christian Hartmann
Christian Hartmann
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